Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

Der 23. Mai ist Tag des Grundgesetzes. Dieses Datum steht in diesem Jahr für den 74. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes als Institutionalisierung der Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland 1949. Die AWO nimmt dies zum Anlass, dringend auf die bundesweite Kampagne und Aktionswoche zwischen dem 20. – 26. Mai 2023 zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes hinzuweisen.
Zum Jahresende 2021 erhielten laut statistischem Bundesamt rund 399 000 Menschen in Deutschland zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und damit weniger als das per Gesetz definierte menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Bereits im Jahr 2012 hatte das Bundesverfassungsgericht diese Sonderbehandlung für geflüchtete Menschen für verfassungswidrig erklärt. Denn alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Ihre Würde unantastbar.
Der AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. fordert gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus über 200 Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und Anwält*innenverbänden gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden!
Dies erfordert insbesondere folgende Änderungen:
- Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung Geflüchteter ins Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe (SGB II/XII). Auf migrationspolitisch motivierte Kürzungen und Sanktionen ist gemäß dem Urteil des BVerfG aus 2012 ausnahmslos zu verzichten.
- Einbeziehung aller Geflüchteten in die Sprach-, Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsinstrumente des SGB II.
- Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei muss sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Insbesondere muss ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden.
- Von Krankheit, Traumatisierung, Behinderung, Pflegebedürftigkeit Betroffene sowie schwangere, alleinerziehende und ältere Menschen und geflüchtete Kinder müssen – entsprechend ihrem Recht aus der EU-Aufnahmerichtlinie – einen Anspruch auf alle aufgrund ihrer besonderen Situation erforderlichen zusätzlichen Leistungen erhalten
(insbesondere nach SGB IX, SGB VIII u.a.). - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind als Geldleistungen auszugestalten.
Hintergrund:
Vor 30 Jahren, im Mai 1993, trat das Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz schränkt Menschen im Asylverfahren und Geflüchtete mit Duldung in ihren sozialen Rechten stark ein. Die Leistungen für Geflüchtete liegen z.T. deutlich unter den Bürgergeldleistungen, wie damals Hartz 4, die das Bundesverfassungsgericht als Maßstab für das Existenzminimum herangezogen hat. In den ersten 15 Monaten – und zuweilen auch länger – sind medizinische Versorgungsleistungen abhängig von der Bewertung der Verwaltungskräfte in den Sozialämtern, was immer wieder zu Schwierigkeiten bei der angemessenen medizinischen Behandlung führt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Juli 2012 das Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“, stellte das BVerfG kategorisch fest. Trotzdem ist dieses offensichtlich grundgesetzwidrige Gesetz bis heute nicht abgeschafft.
Die Bundesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt, das umstrittene Asylbewerberleistungsgesetz „im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ weiterzuentwickeln. Auch die Gesundheitsvorsorge soll unbürokratischer erfolgen. Eine genauere Erläuterung des Vorhabens ist bis heute nicht geklärt.
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