Bosnien: Aufnahme der Schutzsuchenden jetzt!

, Berlin/Magdeburg

Die AWO in Sachsen-Anhalt unterstützt den Bosnien-Appell zur Evakuierung und Aufnahme der Schutzsuchenden in Bosnien sowie das Ende der Push-Backs.

AWO unterzeichnet Bosnien-Appell

Die Evakuierung und Aufnahme der Schutzsuchenden in Bosnien sowie das Ende der Push-Backs fordert auch die AWO in Sachsen-Anhalt. Wir dokumentieren die gemeinsame Pressemitteilung von ProAsyl, der Seebrücke und der Balkanbrücke und den gemeinsamen Appell, mit dem 140 Organisationen die Evakuierung und Aufnahme aller in Bosnien festsitzenden Schutzsuchenden sowie ein sofortiges Ende der EU-Pushbacks nach Bosnien fordern. Auch der AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. hat den Appell unterzeichnet.

Bosnien/Lipa: Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert Evakuierung und Aufnahme der Schutzsuchenden sowie ein sofortiges Ende der Push-Backs

Pressemitteilung

Auf Initiative der Balkanbrücke, Seebrücke und PRO ASYL fordert ein Bündnis aus rund 140 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen die sofortige Evakuierung und Aufnahme der Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina. Die Bundesregierung darf der humanitären Krise vor den Toren der EU nicht länger tatenlos zusehen.

Noch immer harren ca. 3.000 Menschen auf der Flucht ungeschützt vor dem bosnischen Winter ohne winterfeste Unterbringung aus. Ihnen droht der Kältetod. Die EU hat sich bislang mit Geld für die »Hilfe vor Ort« aus der Verantwortung für die Geflüchteten freizukaufen versucht. Aber in Bosnien wird es keine menschenwürdige Lösung für die Schutzsuchenden geben. Es müssen jetzt schnelle und unbürokratische Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die meisten der in Bosnien-Herzegowina gestrandeten Schutzsuchenden befanden sich bereits in der EU, sie wurden allerdings von kroatischen Grenzpolizist*innen nach Bosnien zurückgeprügelt. Seit Jahren sind an der bosnisch-kroatischen Grenze Push-Backs, die mit äußerster Brutalität durchgeführt werden und gegen internationales und europäisches Recht verstoßen, an der Tagesordnung.

Die Push-Backs geschehen mit Billigung und Unterstützung der EU und der Bundesregierung. Ungeachtet der gut dokumentierten, systematischen Menschenrechtsverletzungen wird Kroatien für den Grenzschutz allein seit Dezember 2018 mit über 18 Mio. Euro von der EU unterstützt. Vom deutschen Bundesinnenministerium erhielt die kroatische Grenzpolizei 2020 zusätzlich Wärmebildkameras und Fahrzeuge.

Statt die Gewalt zu unterstützen muss die Bundesregierung entsprechend der Aufnahmebereitschaft in Deutschland handeln: Über 220 Kommunen und mehrere Bundesländer haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme von Schutzsuchenden zugesagt. Auch die Zivilgesellschaft unterstützt diese Bereitschaft – Balkanbrücke und Seebrücke rufen am 30. Januar unter dem Motto »Aufnahme statt Abschottung« bundesweit zu Corona-konformen Protesten auf.

Das Bündnis fordert:

● Stopp der gewaltsamen illegalen Push-Backs an den europäischen Außengrenzen. Das Recht aller Menschen auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU muss endlich eingehalten werden.
● Stopp der bundesdeutschen Unterstützung für die kroatische Grenzpolizei!
● Die Bundesregierung muss sofort handeln. Die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen evakuiert werden. In Deutschland stehen Länder und Kommunen zur Aufnahme bereit.

#WirhabenPlatz

Unterzeichnet haben unter anderem:
Paritätischer Gesamtverband, medico international, terre des hommes, pax christi, Landesflüchtlingsräte, Border Violence Monitoring Network, No Name Kitchen, Diakonieverbände Baden, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Mitteldeutschland, Rheinland, Rheinland-Pfalz, Rheinland-Westfalen-Lippe, Sachsen, Schleswig-Holstein, Württemberg und viele weitere wie AWO Sachsen-Anhalt, Caritas Diözese Hildesheim und andere.
Zum Aufruf und der Liste aller mitzeichnenden Organisationen geht es hier.

Pressekontakte

PRO ASYL per Telefon und Mail unter: 069-24231430 und presse@proasyl.de
Balkanbrücke per Telefon und Mail unter: 0175-3612615 und info@balkanbrücke.org
Seebrücke per Telefon und Mail unter: Henri Dubois, 0157-88992368 und henri@seebruecke.org

Der Bosnien-Appell im Wortlaut:

Lipa: grausame Folge der europäischen Abschottungspolitik. Evakuierung und Aufnahme jetzt!

Die Bilder aus Lipa sind erschütternd. Die katastrophale Notlage für die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina ist die Folge der europäischen Abschottungspolitik. Deutschland und die EU tragen unmittelbare Verantwortung für die systematische Verletzung der Rechte von Menschen auf der Flucht an den europäischen Außengrenzen. Mit den systematischen Pushbacks aus Kroatien hat die EU die humanitäre Notlage in Bosnien überhaupt erst geschaffen. Die Pushbacks müssen unverzüglich gestoppt werden. Die Bundesregierung muss jetzt handeln: Die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen umgehend evakuiert und ihre Einreise in die EU ermöglicht werden. In Deutschland stehen Länder und Kommunen zur Aufnahme bereit. Am 23.12.2020 brannte das Camp Lipa im Nordwesten Bosnien-Herzegowinas nahe der kroatischen Grenze fast vollständig ab. In dem zu keinem Zeitpunkt winterfesten Camp mussten über 1.000 Menschen leben. Selbst wenn nun Wochen später ein Camp notdürftig wieder aufgebaut wird, stellt das keine Lösung für die Geflüchteten dar. Weiterhin müssen mehrere tausend Schutzsuchende in Bosnien außerhalb von Lagern ausharren. Statt Verantwortung zu übernehmen, verspricht die EU nur weitere finanzielle Unterstützung und schiebt die Verantwortung an die Behörden in Bosnien ab.
Die EU und Deutschland nehmen diese Verhältnisse nicht nur in Kauf, sondern haben sie bewusst herbeigeführt. Schutzsuchenden wird die Ankunft in der EU systematisch verweigert. Anstelle eines Asylverfahrens erwartet die Menschen in Kroatien eine gewalttätige Grenzpolizei, die sie mit brutalen Methoden zurück nach Bosnien-Herzegowina drängt. Die Bundesregierung unterstützt dieses Vorgehen: Erst im Dezember 2020 schenkte das Deutsche Innenministerium der kroatischen Grenzpolizei 20 Fahrzeuge. Diese Finanzierung des Grenzschutzes ist eine Finanzierung der Gewalt, die von Amnesty International als Folter eingestuft wird. Dieser systematische Bruch nationalen, europäischen und internationalen Rechts ist der Grund, weshalb Menschen in Bosnien-Herzegowina festsitzen. Insgesamt sind aufgrund der EU-Abschottungspolitik etwa 10.000 Menschen in Bosnien gestrandet. Sie alle benötigen Schutz und eine Perspektive.
Die humanitäre Notlage im Norden Bosniens kam keineswegs überraschend. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute und dem EU-Türkei-Deal 2016 sind Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen an der Tagesordnung. Im Westbalkan kommt es jeden Winter zu humanitären Notsituationen, so auch im Winter 2019 im Camp Vucjak. Erst Vucjak, dann Lipa – die Namen der Camps wechseln, doch was sie zeigen bleibt gleich: Die EU setzt auf Abschottung um jeden Preis!
Die Lage an den europäischen Außengrenzen ist lebensbedrohlich. Deutschland kann und muss handeln schon allein, um geltendes Recht einzuhalten.
Wir fordern deswegen:
● Stopp der gewaltsamen illegalen Pushbacks an den europäischen Außengrenzen. Das Recht aller Menschen auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU muss endlich eingehalten werden.
● Stopp der bundesdeutschen Unterstützung für die kroatische Grenzpolizei!
● Die Bundesregierung muss sofort handeln. Die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen evakuiert werden. In Deutschland stehen Länder

English version

Lipa is the cruel consequence of the European border politics.
The images from Lipa are harrowing. The catastrophic situation people on the move are facing in northern
Bosnia-Herzegovina is the consequence of European policies of shutting off people, no matter what.
Germany and the EU are direct responsible for the systematic violation of the rights of people on the
move at Europe's external borders. It is the EU that has created the humanitarian emergency in Bosnia in
the first place through the systematic use of force by Croatian border guards. These violent pushbacks
must be stopped immediately. The German government must act now: People on the move must be
evacuated immediately from Bosnia-Herzegovina. In Germany, federal states and municipalities are ready
to take them in – their entry into the EU must be made possible! On Dec. 23, 2020, Camp Lipa in
northwestern Bosnia-Herzegovina near the Croatian border burned down almost completely. More than
1,000 people had lived in the camp before, but it had not previously been made suitable for winter. Even
if a new camp is to be reconstructed now, it does not entirely solve the problems people on the move are
facing. The conditions in these camps, as Lipa has shown, are more often than not meeting people’s
needs. Additionally, several thousand refugees in Bosnia are forced to stay outside of camps. Instead of
taking true responsibility by granting them access to the European Asylum system, the EU merely
promises further financial support and thereby shifts the responsibility to the authorities in Bosnia.
The EU and Germany are not only accepting these conditions, but have deliberately brought them about.
People on the move are systematically denied arrival in the EU. Instead of an asylum procedure people
are confronted with a violent border police on the Croatian border. They are repeatedly pushed back to
Bosnia-Herzegovina with brutal methods by this very border police. Instead of condemning such violence,
the German government openly supports this approach: As recently as December 2020, the German
Interior Ministry has donated 20 vehicles to the Croatian border police. This funding of the border police
is thereby the funding of violence, which Amnesty International classifies as torture.
This systematic violation of national, European and international law is the reason why people are stuck in
Bosnia-Herzegovina. In total, about 10,000 people are stranded in Bosnia due to the EU's deportation
policy. They all need protection and a perspective.
The humanitarian emergency in northern Bosnia did not come as a surprise. Since the closure of the socalled Balkan route and the EU-Turkey deal in 2016 human rights violations at the EU's external borders
have become common practice. In Bosnia and Herzegovina and Serbia humanitarian emergencies occur
every winter, most recently in the winter of 2019 at Camp Vucjak. Vucjak or Lipa – the names of the
camps may change. What they show remains the same: The EU relies on closed borders, no matter what!
The situation at the European external borders is potentially life-threatening for people on the move.
Germany can and must act now in order to comply with its national law.
We therefore demand:
● Stop the violent illegal pushbacks at Europe's external borders. The right of all people to access a fair
asylum procedure in the EU must finally be respected.
● Stop the German support for the Croatian border police!
● The German government must act! People on the move in Bosnia-Herzegovina must be evacuated now.
In Germany, federal states and municipalities are ready for admission.

#WeHaveSpace

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