Bürokratiemonster zu Personalvorgaben gefährdet psychiatrische und psychosomatische Versorgung
Die Psychiatrie in Sachsen-Anhalt braucht mehr Gestaltungsspielraum, damit sie ihrer Aufgabe einer guten Patientenversorgung gerecht werden kann. Um Landespolitiker*innen in Sachsen-Anhalt für die möglichen Auswirkungen neuer Vorgaben zur Mindestpersonalausstattung in der Psychiatrie zu sensibilisieren, haben am Donnerstag der AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Krankenhäuser der AWO in Sachsen-Anhalt politische Mandatsträger*innen sowie Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne zu einem Austausch- und Praxisgespräch eingeladen. Krankenhausleitungen aus Jerichow und Halle, Pflegekräfte und Vertreter*innen des Betriebsrates stellten in Jerichow an praktischen Beispielen Rahmenbedingungen vor und diskutierten Lösungsansätze.
Seitens der AWO in Sachsen-Anhalt gibt es folgende Forderungen und Lösungsansätze:
- Eine grundlegende Überarbeitung der 30 Jahre alten Anhaltszahlen der Psych-PV, damit die Vorgaben alle Patientengruppen einbeziehen und eine leitliniengerechte Behandlung sichern
- Die Erarbeitung einer sachgerechten Regelung für ausgebildete Krankenpflegehilfskräfte
- Eine bessere Verzahnung der PPP-RL mit den Abrechnungs- und Budgetvorgaben, um eine sachgerechte finanzielle Ausstattung der Kliniken sicher zu stellen
- Eine ENTBÜROKRATISIERUNG der Vorgaben:
- Vorgabe, Verhandlung und Nachweis des Personaleinsatzes in jahresdurchschnittlichen Vollkräften mit den Krankenkassen
- Einhaltung der Mindestvorgabe im Jahr und je Krankenhaus (anstatt Quartal, Standort und Fachabteilung) - Die Abschaffung der unverhältnismäßigen Sanktion in Form von Rechnungskürzungen
"Die psychiatrische Versorgungslandschaft in Sachsen-Anhalt steht vor großen Herausforderungen", pflichtete Sozialministerin Petra Grimm-Benne bei. "Die Nachfrage der Bevölkerung nach stationären und ambulanten Angeboten steigt. Wir müssen die Versorgung des ländlichen Raums in den Fokus nehmen." Bezüglich der vorgetragenen Kritik an der PPP-RL versicherte sie, dass die Richtlinie weiterentwickelt, überarbeitet und angepasst werden müsse.
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Thomas Wendler, Geschäftsführer AWO Fachkrankenhaus Jerichow: Die Richtlinie ist ein Bürokratiemonster, das Zeit und Geld frisst. Der Teufel steckt im Detail. -
Dr. med. Frank Pillmann, Chefarzt AWO Psychiatriezentrum Halle: Funktionierende therapeutische Strukturen dürfen nicht zerstört werden. -
Chefarzt Dr. rer. nat. Martin Häring: Die Einstufungen und deren Minutenwerte passen nicht zur Versorgungswirklichkeit. -
Chefärztin Marion Blaser bricht eine Lanze für die Psychosomatik. -
Nadine Sauermilch, stellvertretende Pflegedienstleiterin: Willkürliche Vorgaben zu Einsatz und Anrechnung von Pflegehilfskräften sprengen gut funktionierende multiprofessionelle Behandlungsteams. -
Betriebsratsmitglied Angela Mangold: Es gibt eine große Unsicherheit bei die Kolleg*innen, besonders in Bereichen mit vielen Pflegehilfskräften. -
Aufmerksam folgen die Mandatsträger*innen den Ausführungen.