Kinder und Jugendliche brauchen Chancen und Verlässlichkeit – örtliche Jugendarbeit und Schulsozialarbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!

Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes LSA; § 31 KJHG
Es braucht Begleitung beim Erwachsen werden. Nicht erst die Corona Pandemie hat gezeigt, dass jungen Menschen die Lobby fehlt, wenn es um die Einbeziehung bei der Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse geht. Sie sind den Entscheidungen von Erwachsenen ausgeliefert, obwohl die Beteiligung junger Menschen nie so stark wie heute gesetzlich verankert war. Wir möchten deshalb auf die Belange der Kinder und Jugendlichen deutlich aufmerksam machen.
Die geplante Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes LSA soll Kinder und Jugendliche stärken. Der Arbeitsentwurf (hier § 31 KJHG) sieht vor, dass die Zweckbindung zukünftig auch auf die Schulsozialarbeit erweitert werden soll. Das heißt, der örtliche Träger hat dann zu entscheiden, ob er die (ohnehin knappen) Mittel für die örtliche Jugendarbeit oder die Schulsozialarbeit einsetzt. D.h. die Finanzierung der örtlichen Jugendarbeit tritt nunmehr je nach politischer Entscheidung zusätzlich in Konkurrenz zur Finanzierung der Schulsozialarbeit. Dass dies zum Nachteil für die Angebotsbreite der Kinder und Jugendlichen führt und damit zu deren Lasten geht, liegt auf der Hand. Anstatt die für die Selbsterfahrung der Jugendlichen so unschätzbar wichtigen außerschulischen (begleiteten) Begegnungsmöglichkeiten zu stärken, besteht die Gefahr, dass diese Angebote aus ggf. notwendigen Kostenerwägungen weiter verdrängt werden.
Die örtliche Jugendarbeit ist vor allem in den ländlichen Räumen oftmals das einzige Angebot für junge Menschen. Während Jugendlichen in größeren Städten eine Vielzahl von Möglichkeiten/Angeboten offenstehen, sind die Teilhabemöglichkeiten auf dem Land mit großen Hürden versehen. Junge Menschen haben damit kleinere oder keine sozialen Netzwerke, obwohl diese entscheidend sind, um stark ins Leben zu gehen. Während der neue (zu begrüßende) Flächenfaktor bei der Mittelverteilung den ländlichen Raum stärken soll, wird gleichzeitig die Finanzierung der Jugendarbeit durch die Verankerung der Schulsozialarbeit im § 31 geschwächt. Es ist zu erwarten, dass die Kommunen nach Auslaufen des ESF Programms die kommunale Ko-Finanzierung der Schulsozialarbeit aus Mitteln des § 31 KJHG vornehmen und damit die Jugendarbeit schlicht wegbricht. Für die ebenso dringend erforderliche Schulsozialarbeit muss im Land eine eigene Gesamtlösung gefunden werden.
Wir bitten Land und Kommunen im Interesse der Kinder und Jugendlichen darum, verlässliche Rahmenbedingungen für mehr Teilhabe sicherzustellen und auf die Streichung der Schulsozialarbeit im § 31 KJHG hinzuwirken und diese stattdessen in einem eigenen Paragrafen zu regeln. Die örtliche Jugendarbeit ist häufig vor allem für benachteiligte Kinder und Jugendliche Anlauf- und Vertrauenspunkt. Jugendarbeit ist deshalb im Land Sachsen-Anhalt, in dem jedes 4. Kind von Armut betroffen ist, ein wichtiger struktureller Baustein zur Bekämpfung von Kinderarmut. Jede Unterstützungsstruktur, die wegfällt, lässt die soziale Ungleichheit in unserem Land weiterwachsen.
» Download pdf: Synopse KJHG-LSA und Gesetzentwurf zur Änderung des KJHG-LSA vom 22.08.2022