Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

Seit dem 01.06.2017 gibt es das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen, das am 22. Juli 2017 in Kraft trat. Es ist an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass nicht jede Kinderehe ebenfalls eine Zwangsehe darstellt. Die Gründe, die zu der Kinderehe geführt haben, sind vielfältig und sind jeweils individuell zu erfassen. Es ist jedoch zu erwähnen, dass auf Grund der neuen gesetzlichen Lage die Lebenssituationen von jungen Mädchen sehr stark beeinflusst werden kann. Eine Aufhebung der Ehe kann in einigen Kulturkreisen große Gefahren für das junge Mädchen mit sich bringen. Aus diesem Grund muss eine intensive Betreuung des jeweils betroffenen Mädchens gegeben sein, um die Auswirkungen der behördlichen und juristischen Handlungen zu begleiten.

Mit einer Aufhebung einer Ehe kann die Ehre der ganzen Familie verletzt werden. Die Aufrechterhaltung der Familienehre ist in streng patriarchalen Familienverhältnissen oberstes Gebot. Die Frau bzw. das junge Mädchen trägt an dieser Stelle die alleinige Verantwortung für die Ehrverletzung und muss diese sühnen. Eine Inobhutnahme muss unter Umständen in diesem Spannungsverhältnis unter besonderem Schutz für das Mädchen durchgeführt werden. In Sachsen-Anhalt ist dies aktuell in keiner stationären Jugendhilfeeinrichtung ausreichend gegeben. Wir unterstützen bei der Vermittlung in passende Schutzeinrichtungen deutschlandweit. Ebenfalls können wir beratend der Behörde sowie der Klientin zur Seite stehen.

An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich betonen, dass Gewalt im Namen der Ehre kein Problem von Religionszugehörigkeit und Glauben darstellt. Es sind streng patriarchale Lebenseinstellungen die diesem Problem zugrunde liegen!

Folgende Rechtslage ist seither gültig:

  1. Das Alter der Ehemündigkeit ist auf 18 Jahre festgelegt (§1303 BGB). Eine Ausnahmeregelung für Minderjährige ist nicht mehr zulässig. Ehen, bei der zum Zeitpunkt der Eheschließung mindestens eine Person unter 16 Jahren alt war, gelten als unwirksam. Ehen, bei denen zum Zeitpunkt der Eheschließung mindestens eine Person 16 Jahre oder 17 Jahre alt war, werden aufgehoben. Die Aufhebung wird auf Antrag vor dem Familiengericht eingeleitet.
  2. Die Durchführung von traditionellen oder religiösen Ehen fällt unter das Voraustrauungsverbot (§11, §70). Diese Vergehen werden mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 5.000 Euro belangt. Es können sowohl Personen bestraft werden, die die jeweilige Zeremonie durchführen, als auch die jeweiligen Sorgeberechtigten sowie die Personen, die die jeweilige Eheschließung bezeugen. Es wurden ebenfalls Änderungen im Aufenthaltsgesetz vorgenommen.
  3. Kinderehen, die bereits im Ausland geschlossen worden sind, sind in Deutschland unwirksam und werden nicht anerkannt (§1303 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ausgenommen davon sind Ehen, bei denen die Personen bereits zum 22. Juli 2017 oder bei der Einreise in Deutschland die Volljährigkeit überschritten haben. Die im Ausland geschlossene Ehe bleibt jedoch unangetastet und damit weiterhin rechtskräftig wirksam.
  4. Sind bereits Kinder im Verlauf der Kinderehe geboren worden, muss die Vaterschaft in Deutschland anerkannt werden.
  5. Eine Minderjähriger bzw. ein Minderjähriger, deren/dessen Kinderehe aufgehoben wird, gilt als unbegleitet. Somit ist das Jugendamt berechtig, diese Person in Obhut zu nehmen. Ebenfalls wird ein gesetzlicher Vormund bestellt. Liegt keine Kindeswohlgefährdung vor und hat die/der Minderjährige einen guten Kontakt zum ehemaligen Ehepartner/Ehepartnerin, kann dieser/diese die Rolle als gesetzlicher Vormund übernehmen.

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