Psychiatrische und psychische Behandlungen und Therapieformen

Akutpsychiatrie (Station 1)

Die Station 1 mit 20 Betten wird als Akutaufnahmestation der Klinik geschlossen geführt. In der Regel kommen hier Patientinnen und Patienten zur Aufnahme, bei denen eine akute psychische Krise besteht und es nicht ausgeschlossen werden kann, dass Selbst- oder Fremdgefährdung besteht. Es werden akute Krankheiten wie Psychosen, schwere Depressionen oder Manien behandelt. Die Station bietet die Möglichkeit der Aufnahme von Patientinnen und Patienten, welche mit richterlichem Beschluss nach PsychKG LSA oder nach dem Betreuungsrecht untergebracht und behandelt werden müssen.

Um den Erfordernissen dieser besonderen Patientengruppe zu entsprechen, weist diese Station einen höheren Personalschlüssel in der Pflege aus. Dieses ermöglicht den Patientinnen und Patienten in der akuten psychischen Krise viele Kurzkontakte mit dem Behandler-Team. Diese Kurzkontakte sind neben der medikamentösen Therapie eine wichtige Möglichkeit der therapeutischen Einflussnahme. Viele Patientinnen und Patienten können nämlich aufgrund der akuten Erkrankung an einer regulären Therapie mit längeren Einzel- und Gruppentherapien nicht teilnehmen.

Für die Patientinnen und Patienten, die im Anschluss an die akute Phase der Erkrankung auf der Station verbleiben, finden Therapien wie auf allen anderen Stationen des Hauses statt. Oft haben sie auch freien Ausgang, so dass sich ihr Alltag in diesem Behandlungsabschnitt nur geringfügig von dem anderer Patientinnen und Patienten des Hauses unterscheidet.

Die Station bietet ein Gruppenprogramm für Patientinnen und Patienten mit Borderline-Störung oder einer Störung der Emotionsregulation an. Das Programm ist als kognitive Verhaltenstherapie an den Prinzipien der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) ausgerichtet. Dieses Gruppenprogramm steht auch Patientinnen und Patienten anderer Stationen bei entsprechendem Krankheitsbild offen.

Außerdem gibt es auf dieser Station die Möglichkeit zur Entgiftung von illegalen Drogen, wobei maximal zwei Patienten gleichzeitig entgiftet werden können.

Affektive Erkrankungen (Station 2)

Die offene geführte Station 2 mit 20 Betten hat den Schwerpunkt auf der Behandlung depressiver Erkrankungen. Zu diesem Zweck bietet die Station ein verhaltenstherapeutisches Gruppenprogramm an, das auf Patientenschulungen (Psychoedukation) fußt. Das Programm wird von den Ärztinnen und Ärzten und der Psychologin der Station gemeinsam durchgeführt. Die Behandlung umfasst psychiatrische und psychotherapeutische Ansätze mit verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt, die sowohl einzeln als auch in der Gruppe durchgeführt werden. Hinzu kommen Pharmakotherapie, Gestaltungstherapie, Bewegungstherapie, Musiktherapie, Tanztherapie und Kommunikative Bewegungstherapie im Sinne eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes.

Grundlage der psychotherapeutischen Behandlung der Depression ist die Verhaltensanalyse und die darauffolgende Planung der individuellen Therapie der Patientin bzw. des Patienten. In einer ersten Phase der Therapie steht zunächst die Verhaltensaktivierung im Vordergrund. Im weiteren Verlauf geht es dann um die Veränderung von Wahrnehmung und Denkmustern sowie letztendlich um den Erwerb von neuen Fähigkeiten und Verhaltensmöglichkeiten.

Ein besonderes Angebot macht die Station Müttern mit ihren neugeborenen Kindern bis zu einem Alter von einem Jahr. Frauen, die an einer postpartalen Depression (Wochenbettdepression) leiden, können zusammen mit dem Kind aufgenommen werden. Voraussetzung ist, dass die Versorgung des Kindes noch durch die Mutter selbst gewährleistet werden kann.

Zur Behandlung dieser Patientengruppe wird ein videogestütztes Verfahren durchgeführt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Mutter-Kind Bindung.

Endogene Psychosen (Station 3)

Die offen geführte Station 3 mit 20 Betten hat einen Schwerpunkt auf der Behandlung schizophrener und affektiver Psychosen. Patientinnen und Patienten, die eine akute Psychose überwunden haben, werden hier medikamentös und psychotherapeutisch behandelt.

Das psychotherapeutische Konzept umfasst Psychoedukation (Patientenschulungen) und fußt auf neueren Entwicklungen in der Psychotherapie der Psychosen. Es stellt eine bessere Einordnung psychotischer Erlebnisse durch den Patientinnen und Patienten und einen stressfreieren Umgang mit ihnen in den Mittelpunkt. Eingebettet ist dies in einen umfassenden Einsatz sozialpsychiatrischer Angebote mit dem Ziel, eine möglichst gute Ausgangssituation für die folgende Wiedereingliederung bzw. Rehabilitation zu schaffen. Eine Angehörigengruppe ergänzt das Behandlungsangebot.

Angsterkrankungen (Station 4)

Die offen geführte Station mit 20 Betten hat den Schwerpunkt auf Angst- und Zwangsstörungen sowie somatoformen Störungen, die mit körperlichen Beschwerden einhergehen. Neben der medikamentösen Therapie ist zur Behandlung dieser Störungen eine expositionsbasierte verhaltenstherapeutische Behandlung wichtig. Expositionsbasiert bedeutet, dass für die Patientin bzw. den Patienten angstauslösende Situationen und Einflüsse ausführlich thematisiert und berücksichtigt werden.

Vorbereitet wird die Behandlung in einer verhaltenstherapeutischen Gruppentherapie. Die Auseinandersetzung mit angstauslösenden Gegebenheiten (Exposition) findet unter psychologischer Anleitung bzw. mit Unterstützung des Pflegepersonals statt. Die Möglichkeit, bei einem stationären Aufenthalt Expositionen in Begleitung von längerer Dauer durchzuführen, unterscheidet die stationäre Therapie von Angst- und Zwangsstörungen von der ambulanten Therapie. Dort stehen diese Möglichkeiten meistens nicht zur Verfügung.

Auch Körperbeschwerden, bei denen eine organische Verursachung ausgeschlossen wurde (somatoforme Störungen), können im Rahmen einer stationären Komplexbehandlung erfolgreich therapeutisch angegangen werden. Hier spielt unter anderem auch die Überwindung von krankheitsbedingtem Schonverhalten sowie das Erleben positiver Erfahrungen mit dem eigenen Körper eine wichtige Rolle.

Gerontopsychiatrie (Station 5)

Der Schwerpunkt dieser offen geführten Station für 20 Patientinnen und Patienten liegt auf der Behandlung psychischer Störungen im Alter. Dazu zählen Krankheiten des psychiatrisch-neurologischen Übergangsbereiches und demenzielle Erkrankungen.

Zur Behandlung der Depression hält die Station ein speziell auf ältere Patientinnen und Patienten angepasstes Gruppenprogramm vor. Eine Angehörigengruppe ergänzt dieses Behandlungsangebot.

Das Bewegungs- und Sportprogramm ist speziell auf die Bedürfnisse älterer Patientinnen und Patienten und ihrer Einschränkungen zugeschnitten und wird von einer Physiotherapeutin durchgeführt. Besonders Patientinnen und Patienten mit demenziellen Störungen (wie Einschränkungen der Wahrnehmung und des Denkvermögens) sowie Behinderung der Mobilität brauchen ein erhöhtes Maß an Zuwendung. Aus diesem Grund ist die Station mit einem erhöhten Personalschlüssel ausgestattet. Fixierungen, die manchmal zum Schutz sturzgefährdeter Patientinnen und Patienten nötig werden, können dadurch auf wenige Situationen reduziert werden. Hierzu werden auf der Station Maßnahmen umgesetzt, die sich am vorbildlichen Werdenfelser Weg orientieren. Der Werdenfelser Weg ist eine Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Notwendigkeit von Fixierungen bei älteren Patientinnen und Patienten in Pflegeheimen und Krankenhäusern zu reduzieren.

Abhängigkeitserkrankung Alkohol (Stationen 3 und 4)

Die qualifizierte Entgiftung und die Langzeitbehandlung für chronisch mehrfach beeinträchtigte Alkoholabhängige (S4-Behandlung) werden auf den Stationen 3 und 4 durchgeführt.

Qualifizierte Entgiftung

Patientinnen und Patienten, die zur Entgiftungsbehandlung in das Krankenhaus kommen, sollen neben einer den medizinischen Standards entsprechenden körperlichen Entgiftung auch zu einer weiterführenden Therapie motiviert werden. Bei Patientinnen und Patienten ohne psychiatrische Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) müssen hierfür die zehn Tage genutzt werden, die durch die Krankenkassen zurzeit für eine Entgiftungsbehandlung genehmigt werden.

In dieser Zeit werden durchgeführt: umfangreiche Maßnahmen der Information über das Krankheitsbild, der sozialarbeiterischen Beratung insbesondere über weiterführende Therapien und der psychotherapeutischen Intervention zur Stärkung der Eigenmotivation der Patientin bzw. des Patienten.

Langzeitbehandlung für chronisch mehrfach beeinträchtigte Alkoholabhängige

Die S4-Behandlung steht für alkoholkranke Patientinnen und Patienten offen, deren Abhängigkeitserkrankung einen besonders schweren Verlauf genommen hat und die zusätzlich an behandlungskomplizierenden Erkrankungen im psychiatrischen, neurologischen oder internistischen Bereich leiden. Die Genehmigung zur Durchführung einer S4-Behandlung muss zuvor von der Krankenkasse erteilt werden.

Ziel der Therapie ist eine Stabilisierung des gesundheitlichen und sozialen Zustands des Patienten sowie das Erlangen von Abstinenz. Die in der Regel achtwöchige Behandlung findet im multiprofessionellen Team mit Ärztinnen und Ärzten, Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, Pflegepersonal und Spezialtherapeutinnen und -therapeuten in eigens für diese Patientengruppe entwickelten Gruppen- und Einzeltherapieangeboten statt.

Indikation zur S4-Behandlung

Die Indikation zur S4-Behandlung kann gegeben sein, wenn zu einer Alkoholabhängigkeit folgende Begleiterkrankungen hinzukommen:

  • Alkoholinduzierte kognitive Störungen, insbesondere amnestische Syndrome
  • Alkoholinduzierte psychotische Störungen und Persönlichkeitsänderungen
  • Schwere und multiple körperliche Folgen, wie etwa Stoffwechseldekompensation mit alkoholinduzierter hepatischer Enzephalopathie oder schwere alkoholinduzierte Polyneuropathie und deutliche Hepatopathie (z. B. Gerinnungsstörung)
  • Komorbide Psychose oder affektive Störung, hirnorganische Erkrankung oder schwere Persönlichkeitsstörung
  • Komorbide schwere körperliche Erkrankung.

Nachbehandlung

Im Anschluss an eine S4-Behandlung kann die Eingliederung in komplementäre Einrichtungen, wie eine Tagesstätte oder ein Übergangswohnheim, erfolgen. Manche Patientinnen und Patienten erlangen die Fähigkeit zu einer Alkoholentwöhnungsbehandlung (Reha) wieder. Die ambulante Nachbehandlung (Anbindung an das ambulante System der Suchtkrankenhilfe, haus- und fachärztliche Behandlung) wird durch uns organisiert.

Patienteninformation S4 zum Herunterladen

Flyer S4-Behandlung für Alkoholabhängige (383,7 KiB)

Kontakt AWO Psychiatriezentrum Halle

AWO Psychiatriezentrum Halle - Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie
Zscherbener Str. 11, 06124 Halle
Telefon 0345 6922-0

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