Zwangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre

Unter Gewalt im Namen der Ehre sind mehrere Sachverhalte zu verstehen.
Man spricht in diesem Kontext von:

  • Zwangsheirat
  • Zwangsehe
  • Gewalt im Namen der Ehre

Zwangsheirat und Zwangsehe

Eine Zwangsheirat ist eine Eheschließung, bei der eine Ehepartnerin bzw. ein Ehepartner oder beide durch Druck, Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Zustimmung bewegt werden. Einen Menschen mit diesen Mitteln zur Heirat zu nötigen ist strafbar (§ 237 StGB).

Eine Zwangsehe liegt dann vor, wenn die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner gezwungen wird, gegen den Willen am Fortbestand der Ehe festzuhalten – unabhängig davon, wie die Ehe zustande gekommen ist. Bei der Ausübung dieses Zwangs können mehrere Straftatbestände verletzt sein (z.B. Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Vergewaltigung). Man nennt diese Arten von Verletzung der Integrität der Person in Verbindung mit Zwangsheirat/Zwangsehe Ehrbezogene Gewalt.

Zwangsheirat und Zwangsehe sind Menschenrechtsverletzungen. Diese Formen der Eheschließung und der Ehe bedeuten stets einen gravierenden Eingriff in das Recht auf Selbstbestimmung, auf persönliche Freiheit, in die Menschenwürde und häufig auch in die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen. Nach Erkenntnissen von Fachleuten sind vor allem Mädchen und junge Frauen aus Familien mit Migrationshintergrund betroffen. Das Problem beschränkt sich dabei offenbar nicht auf einen bestimmten Kulturkreis, sondern scheint generell ein Ausdruck traditioneller patriarchaler Strukturen zu sein.

Zwangsheirat ist ein Straftatbestand!

Zum Begriff der Ehre

Ehre ist nicht leicht zu definieren. Sie ist keine Sache, die wir besitzen können. Niemand scheint Ehre einfach so haben zu können. Sie steht immer in Bezug der eigenen Person mit dem gesellschaftlichen Umfeld und hängt eng mit den Werten zusammen, die bestimmen welches Handeln in der Gemeinschaft als richtig und falsch erachtet wird.

Ehre steht in enger Beziehung zur Scham. Das Gegenteil der Ehre ist die Schande. In der westlichen Welt ist hiermit oft der Verlust der Ehre oder in milderer Form eine persönliche Blamage gemeint. Beim Verlust der Ehre ist auch von Gesichtsverlust die Rede, was sich auf den Verlust von Ansehen innerhalb einer gesellschaftlichen Gruppe bezieht. Das Streben nach Wiederherstellung der Ehre führt nicht selten zu persönlichen und äußeren Konflikten.

 

Gewalttaten, Verbrechen, Racheausübungen zur Wiederherstellung der Ehre, bzw. im Namen der Ehre sind kein religiöses Phänomen.

Keine Religion legitimiert die schweren Menschenrechtsverletzungen, die im „Namen der Ehre“ begangen werden, oder schreibt sie gar vor. Vielmehr trifft zu, dass in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen, in vielen Kulturkreisen und Ländern der Begriff der Ehre unterschiedlich definiert wird.

Nicht selten wird mit dem Wort Ehre das Aburteilen von Menschen und der Einsatz von Gewalt verschleiert und beschönigt. Im Wertesystem der nationalsozialistischen Ideologie galt die Rassezugehörigkeit beispielsweise als ausschlaggebendes Kriterium zur Messbarkeit der Ehre des Individuums. In Gesellschaften, in denen das Ansehen einer familiären, ethnischen oder religiösen Gruppe über das Wertesystem des Individualismus gestellt wird, kann „verletzte Ehre“ auf gewaltsame Weise „wiederhergestellt“ werden, beispielsweise über Rache, Duell oder Ehrenmord.

Ein besonderes soziales Phänomen ist die Familienehre. In vielen traditionell patriarchalischen Gesellschaften ist die Ehre der gesamten Familie vom „richtigen“ Verhalten der weiblichen Familienmitglieder abhängig. „Verstößt ein weibliches Familienmitglied gegen die vorherrschenden Normen und wird dies bekannt, ist die Familienehre beschädigt, wenn nicht gar zerstört, und somit auch das gesellschaftliche Ansehen der gesamten Familie. Hintergrund ist die Kontrolle der weiblichen Sexualität. Sexualität wird nur innerhalb der Ehe toleriert. Dabei reicht in manchen Fällen der Verdacht oder das Gerücht, ein Mädchen sei mit einem fremden Jungen oder Mann gesehen worden, um die Familienehre nachhaltig zu beschädigen. Die Aufgabe der Männer ist es, die Familienehre zu bewahren bzw. das Verhalten der weiblichen Familienangehörigen daraufhin zu kontrollieren. Gelingt ihnen dies nicht, besteht die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Familienehre nur durch Ermordung des Mädchens oder der Frau, die für Ehrverlust verantwortlich ist.“ (Terre des Femmes)

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