Namensgebung Otto-Baer-Haus
Mit der Namensgebung Otto-Baer-Haus würdigen wir das politische Engagement des Demokraten Otto Baer in der Zeit der Weimarer Republik sowie nach dem Zusammenbruch des Naziregimes im Regierungsbezirk Magdeburg. Damit wollen wir seinen Namen wieder in das Bewusstsein seiner Geburtsstadt Jerichow zurückbringen.
Biografie Otto Baer (1881 – 1966)
Aus einfachen Verhältnissen stammend wurde Otto Baer am 01.02.1881 in Jerichow geboren. Nach seiner Lehre als Weißgerber engagierte er sich als Mitglied seit 1898 in der Gewerkschaft der Lederarbeiter und nahm später leitende Funktionen ein. Otto Baer gehörte zu den Mitbegründern der gewerkschaftlichen Versicherung „Volksfürsorge", deren Direktor er 1912 wurde. Seit 1900 in der SPD, wählte ihn 1917 der Ortsverein Magdeburg zum Parteivorsitzenden. Im Magdeburger Stadtrat, übernahm er als Vertreter der stärksten Fraktion 1920-1933 das Amt des Stadtverordneten-Vorstehers. Weiterhin ist Otto Baer als Landtagsabgeordneter für die Provinz Sachsen aktiv und wird zum Landtagspräsidenten des Landtages Sachsen berufen. In den Jahren 1929-33 war er als stellvertretendes Mitglied des Preußischen Staatsrats vertreten. Ab 1928 wurde der sachkundige Verwaltungsspezialist zum Vorstandsmitglied des Deutschen Städtetages bestimmt. In der Funktion des Verwaltungsdirektors leitete er das Magdeburg-Sudenburger Krankenhaus.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 konnte er sich zunächst der sofortigen Verhaftung entziehen. Wenig später im Mai 1933 wurde er für zwei Wochen in Schutzhaft genommen. In den folgenden 12 Jahren bis 1945 wurde er durch zahlreiche Hausdurchsuchungen schikaniert und ihm die wöchentliche polizeiliche Meldepflicht auferlegt. Arbeitslos bis 1935, übernahm er eine Versicherungsvertretung, die er durch Beteiligung ebenfalls arbeitsloser Sozialdemokraten stark ausbaute. Die Gestapo vermutete eine getarnte Widerstands-Organisation und nahm ihn 1936 für fünf Monate in Untersuchungshaft. Erst 1938 konnte er wieder eine Versicherungsagentur übernehmen. Im November 1939 wurde er infolge des kriegsbedingten Arbeitskräftemangels vom Finanzamt dienstverpflichtet. Im August 1944 im Zuge der "Aktion Gitter" erneut inhaftiert, überstand der 63 jährige sechs Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen.
Im April 1945 wurde er vom amerikanischen Stadtkommandanten aufgefordert, als Oberbürgermeister die Stadtverwaltung von Magdeburg zu übernehmen. Er hat diesen Auftrag auf Weisung der britischen Besatzungsmacht und der sowjetischen Administration weiter ausgeführt. Zusätzlich wurde Otto Baer von der sowjetischen Administration zum Bezirkspräsidenten für den Regierungsbezirk Magdeburg berufen. In beiden Positionen amtierte Otto Baer bis Februar 1946. Nach zehn Wochen Haft in einem russischen Lager arbeitete er später auf Vorschlag der sowjetischen Administration bis zu seiner Pensionierung 1952 als Hauptabteilungsleiter im Finanzministerium in Halle, wo er den Ministerial-Direktor und den Finanzminister bei Abwesenheit vertrat.
Die Anerkennung als Opfer des Faschismus wurde ihm verweigert. Gegenüber der Zwangsvereinigung von SPD und KPD im April 1946 nahm er eine ablehnende Haltung ein. Eine von seinem kaufmännisch erfolgreichen Sohn Hermann angeratene Übersiedlung nach Hannover entsprach nicht seinen Vorstellungen. Er wollte seinem sozialdemokratischen Freundeskreis in Magdeburg verbunden bleiben. Otto Baer, der Magdeburg die Treue hielt, verstarb 85-jährig am 23.04.1966 in Magdeburg.